Change DigitalChange Digital
22.-23. November 2021
2021-11-22 12:00:00
Anmeldung
  • Start­sei­te
  • Pro­gramm
  • Referent:innen
  • Partner:innen
  • Emp­feh­lun­gen
  • Start­sei­te
  • Pro­gramm
  • Referent:innen
  • Partner:innen
  • Emp­feh­lun­gen

Fle­xi­bi­li­tät erhöht auch die Kom­ple­xi­tät – wie viel möch­te und kann sich die Orga­ni­sa­ti­on zutrauen?

Autorin: Petra Ras­pels, Part­ner und Head of Peop­le & Orga­ni­sa­ti­on bei PwC Deutsch­land und Europa

Wel­che Arbeits­mo­del­le wün­schen sich Beschäf­tig­te mehr­heit­lich? Wel­che neu­en Her­aus­for­de­run­gen bedeu­tet fle­xi­bles Arbei­ten für Füh­rungs­kräf­te? Petra Ras­pels, Part­ner und Head of Peop­le & Orga­ni­sa­ti­on bei PwC Deutsch­land und Euro­pa, beant­wor­tet die­se und wei­te­re Fra­gen – und weist auf häu­fig ver­nach­läs­sig­te Aspek­te von New Work hin.

COVID-19 war ein Pra­xis­test für fle­xi­ble­re Arbeits­mo­del­le, Stich­wort New Work. Ist es damit getan, ein­fach die­je­ni­gen ins Home­of­fice zu schi­cken, die das möchten?

Petra Ras­pels: Sicher nicht. Zunächst: Die meis­ten Beschäf­tig­ten wün­schen sich ein­deu­tig mehr Fle­xi­bi­li­tät. Das betrifft den Arbeits­ort und die Arbeits­zei­ten. Unse­re Stu­di­en zei­gen, dass etwa 10 Pro­zent der Beschäf­tig­ten aus­schließ­lich ins Büro kom­men wol­len, fast genau­so vie­le möch­ten nur noch von zuhau­se aus arbei­ten. Der Groß­teil bevor­zugt hybri­de Modelle.

Wie las­sen sich die unter­schied­li­chen Wün­sche der Beschäf­tig­ten in Ein­klang bringen?

Es gibt kein Patent­re­zept. Jun­ge Eltern haben ande­re Bedürf­nis­se als Älte­re. Orga­ni­sa­tio­nen und ein­zel­ne Teams soll­ten kol­la­bo­ra­tiv ein pas­sen­des Modell ent­wi­ckeln. Wofür brau­che ich unbe­dingt Prä­senz, was lässt sich vir­tu­ell erle­di­gen? Grund­sätz­lich kann alles gut funk­tio­nie­ren. Das Modell soll­te aber alle Inter­es­sen berück­sich­ti­gen – die der Beschäf­tig­ten, die der Arbeit­ge­ber und, nicht zu ver­ges­sen, die der Kunden.

Fle­xi­bi­li­tät in die­sem Sin­ne stellt neue Anfor­de­run­gen an Füh­rungs­kräf­te. Wel­che möch­ten Sie betonen? 

Petra Ras­pels: Zum einen: Wie kön­nen Füh­rungs­kräf­te auch bei mehr vir­tu­el­ler Zusam­men­ar­beit den Team­ge­dan­ken stär­ken und die Leis­tungs­fä­hig­keit ihrer Mit­ar­bei­ten­den sicher­stel­len? Die­se Fra­gen stel­len sich bei hybri­den Model­len neu.

Und zum anderen?

Fle­xi­bi­li­tät ist wun­der­bar, fin­det aber nicht im rechts­frei­en Raum statt. Dass jemand bei­spiels­wei­se lie­ber abends um neun noch arbei­tet, dafür nach­mit­tags frei hat, fin­de ich unpro­ble­ma­tisch. Wer­den regel­mä­ßig nachts um drei noch E‑Mails ver­schickt, soll­ten Füh­rungs­kräf­te hin­ter­fra­gen, was sie selbst vor­le­ben und Abhil­fe schaffen.

Nach der COVID-19-Aus­nah­me­si­tua­ti­on haben Vor­ge­setz­te mit­un­ter auf Prä­senz bestan­den, sobald das wie­der mög­lich war. Was hal­ten Sie davon?

Ein Füh­rungs­stil, der die Bedürf­nis­se nach mehr ört­li­cher und zeit­li­cher Fle­xi­bi­li­tät ver­nach­läs­sigt, ist sicher nicht nach­hal­tig. Mas­si­ver Fach­kräf­te­man­gel, Kampf um Talen­te – da wer­den Arbeit­ge­ber­at­trak­ti­vi­tät und die Zufrie­den­heit der Mit­ar­bei­ten­den immer wich­ti­ger. Selbst­ver­ständ­lich gilt aber ein Wei­sungs­recht des Arbeit­ge­bers, das jedoch ange­mes­sen zu nut­zen ist.

New Work bedeu­tet auch neue Her­aus­for­de­run­gen für Beschäf­tig­te. Schließ­lich ändern sich Job­pro­fi­le – und man­che Jobs wer­den künf­tig ganz durch Auto­ma­ti­sie­rung ersetzt … 

Ein sehr span­nen­des The­ma. Digi­ta­li­sie­rung und Auto­ma­ti­sie­rung haben frag­los den Druck auf die Work­for­ce erhöht, sich zukunfts­ge­rich­te­te Fähig­kei­ten anzueignen.

Wel­che sind das?

Sicher­lich wird der Umgang mit Tech­no­lo­gie, ins­be­son­de­re mit gro­ßen Daten­men­gen, künf­tig immer wich­ti­ger wer­den. Wir müs­sen zwar nicht alle Coder wer­den. Aber so, wie wir dem Umgang mit Office-Pro­gram­men gelernt haben, wer­den wir alle zumin­dest ein Grund­ver­ständ­nis von Tech­no­lo­gie und Daten brau­chen. Ich möch­te aber noch einen Aspekt betonen.

Wel­chen?

Eine unter­schätz­te, aber sehr wich­ti­ge Fähig­keit ist Resi­li­enz. Wie kann ich fokus­siert und effi­zi­ent arbei­ten, obwohl stän­dig neue E‑Mails oder Chat­nach­rich­ten auf­plop­pen? Es geht ums geis­ti­ge und kör­per­li­che Wohl­erge­hen, neu­deutsch Well-Being, und die nach­hal­ti­ge Freu­de am Arbei­ten – auch im Hin­blick dar­auf, dass immer mehr Men­schen nicht mehr die 67 Jah­re als abso­lu­tes Ende ihres Erwerbs­le­bens sehen.

Sie lie­fern das Stich­wort. Wie schaf­fen es Orga­ni­sa­tio­nen – auch im Hin­blick auf den Fach­kräf­te­man­gel –, das enor­me Erfah­rungs­wis­sen älte­rer Beschäf­tig­ter effek­tiv zu nutzen?

Ich bin Ver­fech­te­rin von Rever­se-Men­to­ring-Model­len, bei denen jün­ge­re und älte­re Beschäf­tig­te ihre Erfah­run­gen aus­tau­schen. Jün­ge­ren mag ten­den­zi­ell der Zugang zu neu­en Tech­no­lo­gien etwas leich­ter fal­len. Wie ein Geschäfts­feld funk­tio­niert, wis­sen häu­fig Älte­re bes­ser. Bei­de Sei­ten kön­nen vom wech­sel­sei­ti­gen Wis­sens­trans­fer stark profitieren.

Wie mei­nen Sie das?

Unter­neh­men kön­nen dank der Digi­ta­li­sie­rung poten­zi­ell Men­schen auf der gan­zen Welt beschäf­ti­gen. Das ist aber nur die hal­be Wahr­heit. Denn viel­fach unter­schät­zen Orga­ni­sa­tio­nen den admi­nis­tra­ti­ven Auf­wand und Com­pli­an­ce-Fra­gen. Fle­xi­bi­li­tät erhöht auch die Kom­ple­xi­tät – wie viel möch­te und kann sich die Orga­ni­sa­ti­on zutrau­en? Fle­xi­bi­li­tät hat teils sehr kla­re Grenzen.

Wor­an den­ken Sie konkret? 

Kön­nen Mit­ar­bei­ten­de eines in Deutsch­land ansäs­si­gen Unter­neh­mens etwa über län­ge­re Zeit von den USA oder Süd­afri­ka aus arbei­ten, dann mag das für sie und poten­zi­el­le Bewerber:innen sehr attrak­tiv sein. Aber: Wel­che steu­er­li­chen oder sozi­al- ver­si­che­rungs­recht­li­chen Fra­gen gilt es bspw. zu klä­ren? Wie steht es um Auf­ent­halts­ge­neh­mi­gung und Arbeits­er­laub­nis? Ent­ste­hen unbe­merkt Betriebs­stät­ten in dem ande­ren Land – und damit auch steu­er­li­che Verpflichtungen?

Ihre Emp­feh­lung?

Ich kann nur davor war­nen, Com­pli­an­ce-Fra­gen außer Acht zu las­sen. Ver­stö­ße kön­nen emp­find­li­che Fol­gen haben – von der Ord­nungs­wid­rig­keit bis hin zum Straf­tat­be­stand, im schlimms­ten Fall mit per­sön­li­cher Haf­tung der Geschäfts­füh­rung. Hier gilt es, genau hin­zu­schau­en. Es lässt sich alles regeln. Aber die Fra­ge, in wel­chem Ver­hält­nis Auf­wand und Nut­zen für sie ste­hen, müs­sen Unter­neh­men sehr klar beantworten.

© 2021 Handelsblatt Media Group GmbH  |   AGB   |   Impressum   |   Datenschutzerklärung  |   Kontakt